Seit langem gefordert, Corona machts möglich: Der Einzug der Digitalisierung in den Schulablauf. Zur digitalen Wandtafel und PC-Unterricht kommt jetzt die digitale Hausarbeit. Zwar ist der Anlass ein denkbar schlechter, aber in Zeiten wie diesen müssen sich Lehrkräfte halt etwas einfallen lassen.

Hier noch eine App herunterladen, da noch ein YouTube-Video herunterladen und die Webuntis natürlich auch noch. Viele Schülerinnen und Schüler haben als Arbeitsmittel nur ihr Smartphon, bei denen die Grenze der Speicherkapazität rasch erreicht ist. Wenn nicht die passende Hardware zur Verfügung steht, ist das Arbeiten schwer bis unmöglich.

Der Bürorechner ist durch Papas Home-Office besetzt und Mama arbeitet am Laptop. Bleibt also nur noch das Smartphone. Eine denkbar schlechte Ausgangssituation, um ein gutes Ergebnis zu erzielen.

In Zeiten, in denen eine Vielzahl der Unternehmen von Kurzarbeit bedroht ist, ist das Geld meist nicht da, um den Kindern noch ein eigenes Laptop zu kaufen. Ein familiäres Desaster, das es in dem Kreise der Lieben, vorwiegend beim oder nach dem Abendessen zu klären gilt. Der Kompromiss ist gefunden. Mama und Papa teilen sich den Bürorechner und die Kids annektieren schließlich das Laptop. Das kommt wahrscheinlich vielen bekannt vor.

Unausweichlich kommt dann die Frage: „Kann ich denn jetzt alle meine Apps herunterladen?“ Spätestens dann muss das Interesse der Eltern an den einzelnen Apps geweckt werden. Wo kommt diese Software her, was kann sie und was macht sie. Meine Kinder kamen mit dem Wunsch, doch bitte Zoom auf das Laptop zu installieren. Ein Programm, mit dem in der Schule der digitale Unterricht abgehalten werden soll. Klingt erst einmal gut und plausibel. Bis auf: die Tatsache, dass diese Software nicht für unsere Schule und schon gar nicht für Kinder geeignet ist.

Die Zoom Software heißt eigentlich Zoom Cloud Meetings und wird von der Zoom Video Communication, mit Sitz in Kalifornien vertrieben. Sie ist eine Software für Unternehmen, die damit Videokonferenzen mit 100 und mehr Teilnehmern abhalten können. Zoom hat eine sehr enge Bande mit Facebook. So kann ich beispielsweise meine Konferenz direkt auf Facebook übertragen.

Und an diesem Punkt gehen bei allen Datenschützern die Nackenhaare in die Höhe. Zum einem, weil Amerika als Heimatland von Zoom nicht gerade zu den datenschutzfreundlichen Nationen dieser Welt zählt. Zum anderen, weil die Nähe zu Facebook bei mir grundsätzlich ein Unbehagen auslöst.

In weiten Teilen Amerikas gilt der Datenschutz noch immer als ein Hindernis in der Wirtschaft. Dass das nicht so sein muss, beweisen viele deutsche und europäische Beispiele. Aber dazu mehr in einem anderen Beitrag.

In Amerika wird die Zoom Software unter anderem auch zum digitalen Unterricht in den Schulen genutzt. Derzeit ermittelt aber das Federal Bureau of Investigation, kurz FBI genannt, gegen Zoom unter anderem wegen deren allzu nachlässigem Umgangs mit Nutzerdaten. Zudem hat das System eine mangelhafte End-to-End-Verschlüsselung, was zur Folge hatte, dass bei Videokonferenzen wie auch im Schulunterricht Hetzparolen und pornografische Beiträge von Hackern eingespielt wurden.

Wenn in Amerika das FBI gegen Zoom ermittelt und Hacker ihre Schmutzbeiträge in den Online-Unterricht einspielen können, hat dieses Programm nach meiner Ansicht in den Schulen nichts zu suchen. Vielmehr sollte man sich auf andere Programme wie beispielsweise Skype konzentrieren. Diese sind vielleicht nicht ganz so schick und nicht so komfortabel, aber dafür sind sie sicherer. Ich hätte von den Verantwortlichen der Schulen auch mehr Engagement im Punkto Datenschutz erwartet. Dass Zoom Sicherheitslücken hat, ist seit langem bekannt. Dass diese in Kürze geschlossen werden, wage ich zu bezweifeln.

Selbst die unschöne Zeit der Schulschließung und des Kontaktverbotes rechtfertigt nicht den Einsatz einer solch unsicheren Software. Ein durchweg einfacheres System kann als unterrichtsbegleitendes Mittel genauso effektiv sein. Auch habe ich vielfach die Einwilligung der Eltern vermisst. Selbst wenn die „Kinder“ das 16. Lebensjahr vollendet haben, müssen Eltern wissen, mit welcher Art Software ihre Kinder arbeiten. Auch bedarf es der Alternative zu dieser Software für diejenigen, die sich aus gutem Grund nicht in Sozial Networks wie Facebook, Twitter und Co. bewegen. Durch diese Software werden sie automatisch dort hineingezogen.

Ich habe jedenfalls das Installieren und das Arbeiten mit Zoom den Kindern verboten.

Mit freundlichem Gruß

Rüdiger Kösling
Agentur Consilium